Sonntag, 26. September 2010

Zwei starke Brüder oder zwei gute Schluck aus der Prozent-Pulle


Karte Tag 4

Wenn man morgens aufwacht und weis wie hart der Tag wird geht man sicher nicht so unbeschwert an die Sache. Ich wusste es noch noch nicht - aber im nachhinein betrachtet sind der Colle di Sampeyre und der Col d´Angel zwei knallharte Bretter. Dabei heißt der Col d´Agnel übersetzt etwa "Pass der Lämmer" was aber mitnichten auf einen sanften Übergang hinweißt.
Doch der Reihe nach. 
Höhenprofil Tag 4

Das morgendliche Frühstucksangebot im Ceaglio ist genauso gut wie das Abendessen. Alles da was man für einen langen Tag braucht. Die bestellten Lunchpakete wurden verteilt und ich füllte meinen Trinkrucksack am Brunnen in der Hofmitte mit Wasser und dem bestellten Apfelsaft. Mit den drei Litern Inhalt war das Problem der Unterwegsversorgung bisher gar nicht aufgetreten. Ich musste keine Umwege fahren, bei der Witterung reichte der Trinkvorrat meist für zirka eineinhalb Tage. Das Gewicht am Rücken ? 
Nun bisher für ich den Rucksack mit maximal zwei Litern, während dieser Tour füllte ich mehrmals randvoll mit ca. dreieinhalb Litern, was aber beim fahren für mich nicht störend war.
Sonniger und kalter Morgen - Ponte Marmora
Die Gruppe aus Friedrichshafen war etwas früher abfahrtbereit - ich musste noch  ja... packen - und Bernd hatte beim Frühstück gemeint wir sehen uns sicher noch. Als ich soweit reisefertig war waren sie auf ihren Mountainbikes schon losgefahren. Tja , so kann es gehen. Ich belud mein Rad und zog meine Jacke und Überschuhe an. Der Morgen war schön sonnig aber richtig kalt, so um die 3° Grad.
Die Straße von Ponte Marmoras ins Tal ist entgegen dem Abschnitt weiter oben breiter ausgebaut und gut befahrbar. die restlichen Abfahrt war nach kurzer Zeit beendet und nach einem flacheren Teil gins gleich links weg zum Colle di Sampeyre.
Ich hatte in der Michelin-Karte schon gesehen die Auffahrt mit entsprechendem Hinweis als schwierig zu befahrende Straße gekennzeichnet ist, mit Steigungen um die 15 %. Dies hatte mich aber neugierig gemacht ob das auch für Rennräder gilt.
Nun der Aufstieg ist anspruchsvoll, das ist sicher nicht übertrieben.
Gleich nach dem Abzweig führt die Straße um einen Felsvorsprung. Daran vorbei sieht man wie die schmale in den Fels gehauene Straße sich nach oben windet. Besser gesagt man sieht bis zur nächsten Biegung ins Tal und ich erkannte auch dass die Prozentangaben der Steigung nicht untertrieben war.

Steil aber schön - Auffahrt nach Elva
Die Straßenführung entlang der Felswand geht durch mehrere kleine Tunnel streng bergauf. Die Straße ist kaum befahren, man muss jedoch auf Steinschlag und herumliegende Steine achten. Das sind nicht gerade wenig!

Morgensonne im Seitental
Nach einem kurzen Flachstück steigt die Strecke wieder steil auf das vorherige Niveau an.
Ich kam trotz meines Gepäcks gut durch, allerdings war meine Kurbelumdrehung auf dem kleinsten Blatt und größten Ritzel an den stärksten Steigungsabschnitten teilweise bis auf 44 Umdrehungen gesunken.

kurzes Flachstück mit wunderbarer Kulisse
 Nach einem weiteren kurzen Flachstück , schon fast bei Elva, erklimmt man eine kurze Rampe die an die 18 %  herangeht. Als ich in die Rampe einfuhr sah ich vor mir eine auseinandergezogenen Gruppe Mountainbiker denen ich Stück für Stück näherkam, bei Goria Ugo den ersten überholte und auf eine Frau auffuhr. 
Ohhh... das war Martina, ich hatte die Gruppe aus Friedrichshafen eingeholt. 
Tja, Bernd hatte schon recht mit "wir sehen uns noch" aber etwas anders als gedacht.
Nach Goria Ugo kommt eine Wegkreuzung und die Strecke zum Colle zweigt links ab, Thomas, Bernd, Martina und die anderen nahmen die Strecke geradeaus,wir haben uns dann dort voneinander verabschiedet.

Nach der Wegkreuzung - Blick Richtung Elva
Verlief der bisherige Anstieg  kaum im freien Gelände entweder an der Felswand oder im Wald, ändert sich das ab der Weggabelung schlagartig.
Der Ausblick hier oben ist fantastisch aber leider bläst der Wind ganz ordentlich. Die Steigung in diesem Abschnitt fühlt sich etwas moderater an und das erste Tagesziel wird sichtbar!




Blick zum Colle di Sampeyre
Am Ende der langen Geraden die man auf dem Bild sieht liegt nach einer leichten Rechtskurve der Übergang am Colle.

Bergwelt Richtung Valle Maira 
Am Colle di Sampeyre
Die Abfahrt nach Sampeyre verläuft nach kurzer Zeit durch Waldschonungen und entlang von Bergwiesen  und ist eine dieser typischen italienischen Bergstraßen. Nicht sehr breit, und leidlich instandgesetzt. Schön war es trotzdem vor allem als es weiter unten wieder etwas wärmer wurde und nicht mehr so windig war.

Abfahrt nach Sampeyre
Nach der letzten  Haarnadelkurve mündet die Straße in Sampeyre in die SP 105, die zum Col d`Agnel führt.
Die Steigung ist im Tal moderat und die Straße war wiederum nur wenig befahren. Inzwischen war es um die Mittagszeit und ich legte bei Torrette eine kleine Rast ein - ich hatte heute ja ein Lunchpaket dabei!


Pause am Straßenrand



Impression vom Rastplatz aus
Von Torrette bis Casteldelfino kam ich recht gut voran, die Straße hat nur geringe Steigung und die Sonne wärmte mir den Rücken

Casteldelfino
 Am Ortsausgang zweigt an einer ziemlich großen Kreuzung rechts eine Straße ins Seitental ab und unmittelbar danach folgt die erste Haarnadelkurve mit stärkerer Steigung die bis Rabioux anhält. Dann wird die Strecke bis fast Maddalena wieder flacher, steigt wieder stärker an um dann bis Chianale relativ flach zu bleiben. 


Bei Castello


Vor Pontechianale

Wenn man auf Chainale zufährt sieht man wie die Straße am Ort rechts vorbei stark ansteigt um dann nach einer Linkskurve hinter dem Ort schnell an Höhe zu gewinnen. Das flößt dann doch Respekt ein. Zumal die Steigung auf die nächsten 8 km nicht mehr wirklich nachläßt.
Nach der ersten Steigungskurve zog ich mir wieder Jacke, Mütze und Winterhandschuhe an. Nach der letzten Abfahrt war das alles nicht mehr nötig, jetzt umso dringender.

Chianale von der ersten Steigungskurve

Ab Chianale stehen stehen Schilder für Radfahrer die einen über die Prozente und die Länge der Steigung aufklären, quasi radfahren mit Ansage. 
  


"Leidenstafel"
Jedoch nicht lange! Nach der vierten oder fünften Kehre gibt es eine rote  Achtungstafel mit der Aufschrift 14 %  danach .... kommt nichts mehr! Ich musste richtig schmunzeln - die Italiener sind nette Menschen, wahrscheinlich sollte man vor weiteren heftigen Vorhersagen verschont bleiben.
Es wurde jetzt ziemlich neblig und richtig kalt, aber der Berg fordert einen  heraus und meine Untergrenze bei Kurbelumdrehungen wurde mit 42 neu definiert. 
Dann wurde es so neblig, dass man kaum mehr als hundert Meter sah. Dick  vermummt kamen mir zwei Tourenfahrer entgegen und wir grüßten uns. 
Trotz der Anstrengung bekam ich ab 2500 Hm langsam kalte Füße.
Zirka drei Kilometer unterhalb des Gipfels kamen mir zwei gut verpackte Rennradler entgegen die kurz vor mir anhielten. Der erste Radler eine Frau machte mit den Armen Aufwärmübungen und der zweite vermutlich ihr Mann rief mir einen ganzen Wortschwall auf italienisch zu. Ich entgegnete ihm, dass ich Deutscher bin und nicht alles verstehe, drauf rief er "fredo fredo"- ich konnte nur beipflichten.
Kurz vor dem Col war die Straße gestreut und es lag vereinzelt Schnee.
Bei Null Grad und Nebel lud die Passhöhe nicht gerade zum Verweilen ein.

Am Col d`Agnel

 Ich machte ein Bild und fuhr gleich weiter. Auf der französischen Seite hatte es geschnien und die Landschaft bot einen leichten Hauch von Puderüberzug.


Vorwinterimpression

Hoffnung auf  besser Wetter !
Die Abfahrt dauerte nicht lange und kurz nach Fontgillarde war es schon wieder vorbei. Die Querverbindung nach La Chalp wo meine Unterkunft war ging links über einen kleinen Taleinschnitt weg und die Straße stieg über einen Höhenrücken wieder an. Nachdem ich den Rücken hinter mir gelassen hatte meldete sich mein Mange mit Hunger, auserdem war ich gerade etwas ausgepumpt, hatte kalte Füße und so saß ich vier Kilometer vor dem Hotel an der Straßenböschung und machte nochmals Rast.
Die Straße nach Saint Veran verlief weiter wellig um dann im Ort abrupt nach rechts in ein Gefälle einzuschenken, fast wie auf einer Achterbahn. 
Kurz danach stand ich in La Chalp an der Auffahrt zum Hotel Restaurant La Baita du Loup.  Der Name ist ein kleiner Sprachkauderwelsch und heißt in etwa Wolfshütte.   
Die Baita hat von den Unterkünften in der Umgebung am längsten Saison. Alle anderen Unterkünfte hatten in dieser Woche bereits geschlossen. Die Zimmer sind recht einfach, genügen aber in der Ausstattung. Das Restaurant bzw bzw. de Aufenthaltsraum hat einen mittigen Pfeiler und ist nach allen Seiten gewölbt. Eine gemütliche Kaminecke rundet das Ambiete ab. 
Der junge Koch der uns auch bediente, neben mir gab es nur noch einen Gast, sprach auch etwas englisch und ein bisschen deutsch so dass die Unterhaltung dreisprachig war. Im Übernachtungspreis war die Halbpension inbegriffen und das Essen war wirklich gut. Maronensuppe, gedämpfter Fisch mit Reis und als Nachtisch eine Tarte mit Äpfeln.  Ach ja geschlafen habe ich auch gut! 
   

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